Wie lässt sich Wasserstoff künftig in großem Umfang speichern? Am besten unter der Erde sagen Experten. Komponenten von Freudenberg Oil & Gas Technologies haben die Erforschung und Umrüstung einer Salzkaverne in den Niederlanden ermöglicht.
Dank technologischer Hilfsmittel sind heute viele medizinische Operationen minimalinvasiv, mit der sogenannten Schlüssellochtechnik, möglich. Was im niederländischen Zuidwending nahe der Stadt Groningen passiert, gleicht vom Vorgehen her in etwa solch einem Eingriff. Der „Patient“ liegt allerdings 1.200 Meter unter der Erdoberfläche und hat die Form einer riesigen, in die Tiefe gerichteten Zigarre mit der Länge und Grundfläche des Eiffelturms.
Es handelt sich um einen Hohlraum, genauer eine Salzkaverne, die rund 6.000 Tonnen Wasserstoff speichern soll. Das entspricht einer Energiemenge von 200 Gigawattstunden – genug, um rund 86.000 Lkw, ausgestattet mit Brennstoffzellen von Freudenberg e-Power Systems, zu befüllen.
Salzkavernen sind zumeist künstlich geschaffene, unterirdische Hohlräume, die durch Bohrung und Aussolung von Salzstöcken entstehen. Viele Kavernen werden schon heute zum Speichern von Erdöl und Erdgas genutzt. Die Salzstrukturen reagieren kaum mit dem eingespeicherten Gas und schaffen eine natürliche Dichtigkeit. Nach heutigem Stand können sie auch Wasserstoff in großem Umfang speichern – vor allem in Europa, wo es viele davon gibt. In Zuidwending wird die Umrüstung von Erdgas auf Wasserstoff erprobt.
HyStock, ein Unternehmen des staatlichen Netzbetreibers Gasunie, erprobt in der Salzkaverne die industrielle Speicherung von Wasserstoff. Mit im Einsatz: Komponenten von Freudenberg Oil & Gas Technologies (FOGT). Insgesamt 14 sogenannte Pipe Packer und Stripper Packer kamen in dem neun Meter hohen Aufbau über dem rund 30 Zentimeter großen Bohrloch zum Einsatz. „Verglichen mit den Dimensionen unter Tage ist die Öffnung tatsächlich nur ein Schlüsselloch“, sagt Oliver Lips, Manager North Sea & Europe bei FOGT. „Das ist jedoch keine Besonderheit, sondern der Normalfall in unserer Branche.“
Testen, testen, testen
HyStock erprobt in Zuidwending die Auswirkungen von Wasserstoff auf Ausrüstung, Materialien, den Zement und die damit verkleidete Salzwand. Anhand von Proben überprüfen Experten, ob der Wasserstoff von guter Qualität bleibt und inwiefern er andere Arbeitsmethoden und Prüfgeräte erfordert als Erdgas, womit die Kaverne zuvor gefüllt war. Zum Beispiel ist es wichtig, dass die Absperrsysteme unter Druck fest verschlossen bleiben. Schließlich ist Wasserstoff das kleinste bekannte Element auf der Erde. Die Moleküle brauchen sehr wenig Platz, um etwas zu durchdringen. „Unsere Packer mussten dieses Kernkriterium für die Anwendung durch unseren langjährigen Kunden WellGear natürlich ebenfalls erfüllen“, sagt Lips.
Komponenten von Freudenberg sorgen für höchstes Sicherheitsniveau
WellGear, ein führender Anbieter von Bohrlocheingriffen und Stilllegungsdiensten, war für den Ausbau des Rohrstrangs verantwortlich, während das Bohrloch mit Wasserstoff gefüllt und unter Druck gesetzt war – eine Technik, die Snubbing genannt wird. Je zwei Pipe Packer und Stripper Packer umschlossen dabei mechanisch das Rohr und verhinderten, dass rundum Wasserstoff entweichen konnte. In einer Komponente kam zusätzlich noch ein integriertes Schneidwerkzeug zum Einsatz, mit dem das Rohr im Notfall durchtrennt werden konnte. „Ein spannendes Projekt, das wir mit Unterstützung von Freudenberg und den gelieferten Komponenten auf höchstem Sicherheitsniveau durchgeführt haben. Gleichzeitig handelt es sich um das weltweit vermutlich erste Snubbing-Projekt mit Wasserstoff“, sagt Sven Heijwegen, Chief Operating Officer von WellGear.
Wenn an diesem Standort Ende 2026 die industrielle Wasserstoffspeicherung startet, hat FOGT dazu einen wichtigen Beitrag geleistet.
Oliver Lips, Manager, North Sea & Europe, FOGT
Operation abgeschlossen
Die Kaverne ist mittlerweile erfolgreich umgerüstet. Im aktuellen Projektabschnitt werden weitere Forschungsarbeiten wie die Untersuchung mikrobiologischer Reaktionen über die klassische Ein- und Ausspeiseanlage vorgenommen. „Unsere Komponenten haben sich in diesem Einsatz bewährt, auch was den Verschleiß angeht. Das haben unsere anschließenden Materialtests ergeben“, sagt Lips. „Wenn in Zuidwending Ende 2026 mit der industriellen Wasserstoffspeicherung begonnen wird, hat FOGT dazu einen wichtigen Beitrag geleistet.“
Oliver Lips, Manager North Sea & Europe bei Freudenberg Oil & Gas Technologies (FOGT)
Nach seinem Studium der Betriebswirtschaftslehre war er ab 2002 in der Dichtungstechnik für verschiedene Unternehmen aktiv. Seit 2013 ist er bei FOGT tätig und leitet seit 2018 den Standort im schottischen Aberdeen mit Fokus auf die Region North Sea & Europe und die globalen Key Accounts in dieser Region.
Er fährt gerne Ski und ist leidenschaftlicher Hobbykoch an Herd und Grill.
Zahlen, Daten, Fakten
- 1.200 Meter unter der Erdoberfläche liegt die Salzkaverne.
- 6.000 Tonnen Wasserstoff soll sie speichern.
- 86.000 Lkw, ausgestattet mit Brennstoffzellen von Freudenberg e-Power Systems, können damit befüllt werden.
- 14 Pipe und Stripper Packer von FOGT kamen zum Einsatz.
- Im Jahr 2026 soll die industrielle Speicherung von Wasserstoff dort beginnen.