Vom Grashändler zum Reinigungsgigant

Die Erfolgsgeschichte von Freudenberg GALA Household Products

Indien in den 1950er Jahren: Befreit von der britischen Kolonialherrschaft, stand das noch junge Land vor enormen wirtschaftlichen und sozialen Herausforderungen. Vor allem der Nordwesten Indiens war stark durch die Landwirtschaft geprägt und industriell wenig entwickelt. Um der Armut seiner nordindischen Heimat zu entfliehen, machte sich Laljibhai Gala zu dieser Zeit mit einer einfachen Geschäftsidee auf den Weg in die Millionenmetropole Mumbai. Von dort aus begann der junge Mann mit Gras aus dem Nordosten Indiens zu handeln und daraus traditionelle indische Besen herzustellen.

Vielfalt der Familienmitglieder als Erfolgsfaktor

Was zunächst als kleines Familiengeschäft begann, sollte sich im Laufe der nächsten 30 Jahre zu einem ernstzunehmenden Akteur in der indischen Reinigungsindustrie entwickeln. Nachdem auch Galas Söhne in den 1970er und 1980er Jahren dem Unternehmen beigetreten waren, setzte das kleine Team konsequent auf Wachstum. Dabei lag der Fokus bereits damals auf den individuellen Neigungen und Stärken jedes Familienmitglieds. Wie in Indien bei Familienunternehmen üblich, stiegen auch bei Gala die Nachkommen nach ihrer Ausbildung mit ein und spielten jeweils ihre individuellen Stärken aus. Die Überzeugung war und ist noch heute, dass Vielfalt eine Ergänzung darstellt und dem Unternehmen zugutekommt. „Während ich mich um den Vertrieb und das Marketing kümmerte, war mein jüngerer Bruder stark an technischen Themen interessiert und reiste in alle Welt, um sich Trends und Möglichkeiten der industriellen Fertigung anzusehen“, erinnert sich Chandrakant Gala, Sohn des Firmengründers. „Inspiriert von meinem älteren Bruder, kaufte ich nicht nur die ersten Maschinen, sondern besuchte unzählige Messen, knüpfte Kontakte nach Dubai und China und kehrte jedes Mal mit einer Reihe von Produktbeispielen nach Hause zurück.“ So wuchs im Team die Idee, erste kleinere Bürsten aus Kunststoff anzufertigen. Zunächst jedoch lediglich als Eigenmarken für den Export nach Asien und in den Mittleren Osten. „Schon damals legten wir Wert auf hohe Qualität – sowohl bei der Auswahl unserer Maschinen als auch bei unseren Produkten“, so Gala weiter. Mit der Entscheidung, auf maschinell hergestellte Kunststoff-Bürsten zu setzen und somit auf ein bis dahin konkurrenzarmes Produkt, begann der eigentliche Erfolgsweg von Gala. Mit Augenmaß begannen Chandrakant und sein Bruder, das Geschäft sorgsam weiter auszubauen und analog zur steigenden Nachfrage in Personal und Fertigung zu investieren.

Beginn von strategischer Produktentwicklung und Innovation

Mit dem Eintritt von Chandrakants Neffen Jatin Gala in das Unternehmen im Jahr 1996 begann die Familie, sich verstärkt auf den indischen Markt zu konzentrieren und die Bedürfnisse der Kunden stärker ins Visier zu nehmen. Innerhalb von nur zwei Jahren entstanden zahlreiche neue Produkte, die erstmals unter dem Markennahmen Gala verkauft wurden. „Unsere Reputation als qualitätsbewusste Marke mit langlebigen Produkten wuchs und wir starteten zu Beginn der 2000er Jahre damit, kontinuierlich Reinigungsprodukte für den indischen Markt anzupassen und unsere Innovationsfähigkeit auszubauen“, sagt Jatin Gala. Einen weiteren Schub bekam das Geschäft, als das Team begann, seine Produkte statt über Händler eigenmächtig zu verkaufen: Gala: „Wir begannen, unsere Produkte selbst an Märkte zu verkaufen. Damit konnten wir beim Handel mit unserem eingespielten und anpackendem Vertriebspersonal viel stärkere Überzeugungsarbeit leisten als Distributoren. Darüber hinaus halfen konsequente Marketingmaßnahmen dabei, Gala zu einer starken Marke zu entwickeln.“

Gegenseitiges Lernen

Bis 2009 war Gala auf diese Weise bis zur Nummer Zwei unter den indischen Reinigungsherstellern gewachsen. Und mit seinen Werten prädestiniert für ein Joint Venture mit Freudenberg. Jatin Gala: „Als wir erstmals von den Freudenberg Guiding Principles hörten, die unseren Werten sehr ähnlich waren, wussten wir, dass wir den richtigen strategischen Partner gefunden hatten, mit dem wir gemeinsam weiterwachsen wollten und unsere Vision wahr werden lassen. Unser unternehmerischer Traum wurde durch den zuverlässigen Partner FHCS beflügelt.“ Inzwischen erzielt das Unternehmen einen jährlichen Umsatz von rund 50 Millionen Euro, den es bis Ablauf des Jahrzehnts verdoppelt will.

 

Unser Ziel ist es, die wachsende indische Mittelschicht zu erreichen, was zwar finanziellen Erfolg verspricht, aber auch eine enorme logistische Herausforderung bedeutet.

Henrik Sternberg, Regional Vice President Asia Pacific Consumer FHCS

 

„Unser Ziel ist es, die wachsende indische Mittelschicht zu erreichen, was zwar finanziellen Erfolg verspricht, aber auch eine enorme logistische Herausforderung bedeutet“, erklärt Henrik Sternberg, Regional Vice President Asia Pacific Consumer bei FHCS und verantwortlich für den indischen Markt. Helfen sollen dabei speziell für indische Konsumenten entwickelte innovative Produkte wie der No Dust Broom. Dabei profitiert das Geschäft auch von Innovationen aus Weinheim: In Zusammenarbeit von Produkt- und Marketingexperten aus Indien und Weinheim entstand eine Version des Spin Mopp-System TURBO – ein weltweiter Verkaufsschlager –, die speziell auf die Anforderungen indischer Konsumenten ausgerichtet ist. Heute erobert der Gala TURBO die Herzen indischer Konsumentinnen und Konsumenten. Neben dem Aufbau eines strategischen Innovationsprozesses sind es auch andere Herausforderungen, die Gala dank des Freudenberg Know-hows inzwischen gekonnt meistert, darunter Themen wie Finanz-Controlling, Arbeits- und Gesundheitsschutz, Fertigungsexzellenz oder LEAN-Prozesse. Im Gegenzug profitiert FHCS von der Agilität der indischen Kolleginnen und Kollegen. „Das indische Team hat keine Angst davor, Dinge anzupacken und vielleicht anfangs auch mal zu scheitern, um sich dann schnell neu zu justieren und einen Weg zu finden“, so Sternberg weiter. „Es gibt hier einen Grad an Freude und Spaß an der gemeinsamen Arbeit, von dem wir alle auch in anderen Geschäftsbereichen profitieren können.“

Steckbrief Indien:

  • siebtgrößtes Land der Welt (3,29 Mio. km2)
  • mit 1,4 Milliarden Menschen das zweitbevölkerungsreichste Land der Erde
  • Amtssprachen: Hindi und Englisch; 1600 regionale Sprachen und Dialekte
  • aufstrebende Wirtschaft, v.a. in Telekommunikation, Pharma, Automobil; Exporteur von Software
  • Geschichte reicht mehr als 5000 Jahre zurück
  • Kultur ist reich an Traditionen, Festen, Tanz und Kunsthandwerk
  • Hinduismus ist wichtigste Religion, große religiöse Vielfalt
  • indische Küche ist bekannt für Gewürzreichtum