Ist Wasserstoff der Energieträger der Zukunft?

Über 20 Staaten weltweit haben Wasserstoffstrategien verabschiedet. Diese beinhalten den Aufbau der Infrastruktur sowie die Produktion und den Transport von Wasserstoff.Mehr als 30 weitere Länder unterstützen nationale Wasserstoffprojekte. Als Schlüsselelement für die große Energiewende soll Wasserstoff dazu beitragen, den globalen CO2-Fußabdruck von Industrie und Gesellschaft zu verkleinern und die Transformation in eine klimaneutrale Zukunft voranzutreiben.

Wasserstoff kann als Energieträger für die Bereiche Stromerzeugung, Wärme, Industrie und Mobilität genutzt werden. Mit ihm kann Kraftstoff für Autos hergestellt, in Brennstoffzellen Strom erzeugt oder die Wohnung beheizt werden. Er kann auch als Ersatz für fossile Brennstoffe in der Chemie- und Kraftstoffproduktion eingesetzt werden.  Mit Wasserstoff ist alles machbar, wofür aktuell Öl, Kohle und Erdgas verwendet werden, ohne dass bei der Rückumwandlung in Energie CO2 freigesetzt wird. Außerdem ist Wasserstoff auch als wichtiger Speicher für regenerative Energien nutzbar. Denn überschüssiger Strom – etwa aus Windkraftanlagen – kann dazu eingesetzt werden, Wasserstoff mittels Elektrolyse zu produzieren, der gespeichert und transportiert werden kann.

Doch es gibt auch einige Herausforderungen: Aktuell werden mehr als 95 Prozent des Wasserstoffs in Europa in Prozessen mit hohen CO2-Emissionen hergestellt. Die Produktionsmethoden sind teuer und energieintensiv. Auch den benötigten Ökostrom aus Wind, Sonne oder Wasserkraft für grünen Wasserstoff gibt es nicht in ausreichender Menge. Dazu kommt, dass der Aufbau der Wasserstoffwirtschaft und der Transportinfrastruktur in vielen Ländern erst beginnt. Ein Beispiel: Das europäische Großprojekt „Important Projects of Common European Interest (IPCEI)“ für Wasserstofftechnologien und -systeme, das Investitionen in die Erzeugung von grünem Wasserstoff, die Wasserstoffinfrastruktur und die Nutzung von Wasserstoff in der Industrie und für Mobilität beinhaltet. Dazu kommt, dass nicht alle Länder selbst genug Wasserstoff produzieren, sie müssen importieren. Das Potenzial von Wasserstoff ist hoch, die Herausforderungen sind es auch.

Was ist Wasserstoff? Es ist das im Universum am häufigsten vorkommende chemische Element. Wasserstoff ist klein, leicht und besteht aus einem Proton sowie einem Elektron. Zugleich steckt er voller Energie: Jedes Kilogramm Wasserstoff enthält rund 2,4-mal so viel Energie wie zum Beispiel Erdgas. Doch Wasserstoff muss nutzbar gemacht werden: In der Natur kommt er nur in gebundener Form als Bestandteil größerer organischer Verbindungen vor. Für die Herstellung muss deshalb mit großem Energieaufwand Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff gespalten werden. Klimafreundlich ist diese sogenannten Elektrolyse nur, wenn dafür nachhaltig produzierte Energie verwendet wird, zum Beispiel Strom aus Sonne oder Wind. Heute geschieht das in Prozessen mit hohen CO2-Emissionen, die außerdem teuer und energieintensiv sind. Damit Wasserstoff einen Beitrag zum Klimaschutz und der Energiewende leisten kann, muss sich das ändern. Deshalb ist die Herstellung von Wasserstoff eine der größten Herausforderungen.

Gut für das Klima: grüner Wasserstoff aus erneuerbaren Energien

Die Produktionsmethoden werden zur besseren Unterscheidung nach Farben eingeteilt. Klimaneutral ist nur grüner Wasserstoff, der aus erneuerbarem Energien entsteht. Er ist langfristig die sinnvollste Variante, wenn das Ziel ist, CO2-Emissionen nachhaltig zu verringern. Denn grüner Wasserstoff wird durch Elektrolyse, also die Aufspaltung von Wasser in Sauerstoff und Wasserstoff, mit erneuerbarer Energie hergestellt. Es werden keine fossilen Brennstoffe verwendet und es entstehen keine CO2-Emissionen. Grauer Wasserstoff dagegen wird aus Erdgas gewonnen und dabei wird klimaschädliches Kohlendioxid freigesetzt. Dazu kommen weitere Methan-Emissionen, die bei der Förderung und dem Transport von Erdgas anfallen. Blauer Wasserstoff basiert ebenfalls auf fossilen Energiequellen, auch hier entsteht Kohlendioxid. Der Unterschied: Die CO2-Emissionen werden zum Beispiel unterirdisch gespeichert oder als Rohstoff in der Industrie weiterverarbeitet und genutzt.

Länder setzen auf unterschiedliche Arten von Wasserstoff

Wie sehen die Wasserstoffstrategien der einzelnen Länder aus? Grüner Wasserstoff, der mithilfe von Strom aus erneuerbaren Energien und Wasser per Elektrolyse hergestellt wird, wird besonders von südeuropäischen Ländern wie Spanien oder Italien bevorzugt. Italien und Spanien bauen gerade im Bereich erneuerbare Energien ihre Photovoltaikanlagen aus. Deutschland setzt in seiner Nationalen Wasserstoffstrategie ausschließlich auf die Erzeugung von grünem Wasserstoff. Das Vereinigte Königreich und die Niederlande favorisieren blauen Wasserstoff, der aus Erdgas gewonnen wird und dessen CO2-Emissionen bei der Entstehung abgeschieden und gespeichert werden. Einen anderen Weg schlägt Frankreich ein: Das Land, das einen Strommix nutzt, baut auf kernenergiebasierten Wasserstoff.

Das Ziel der grünen Wasserstoffwirtschaft wird in vielen Strategien Schritt für Schritt angegangen: Grauer Wasserstoff auf Erdgasbasis und blauer Wasserstoff mit anschließender Speicherung oder Weiterverarbeitung des entstandenen CO2 sind für viele Länder ein Übergang auf dem Weg zu einer grünen Wasserstoffwirtschaft. Ab 2030 soll in der Europäischen Union, der Schweiz, den Vereinigten Arabischen Emiraten und Marokko ausschließlich Wasserstoff aus erneuerbaren Energien genutzt werden. Frankreich, Großbritannien, Norwegen, Japan, Südkorea, China und Australien setzen auch nach dem Jahr 2030 auf blauen Wasserstoff. Russland und Südkorea haben die Verwendung von grauem Wasserstoff in ihre Strategien aufgenommen. 

Wasserstoff als neuer Energieträger wird bei der Transformation zur Klimaneutralität eine wichtige Rolle spielen. Doch die bei der Produktion entstehenden Emissionen müssen deutlich verringert und der Aufbau der Wasserstoffwirtschaft und der Transportinfrastruktur in vielen Ländern gleichzeitig sowie zielgerichtet vorangetrieben werden. Nur dann kann das hohe Potenzial des kleinen Moleküls genutzt werden und zur großen Energiewende beitragen.